Hintergrund
Über das Projekt "Wirtschaftswende Ost"
Mit dem Mauerfall im November 1989 und der folgenden Wiedervereinigung brach im Osten Deutschlands zu Beginn der 1990er Jahre ein komplettes Wirtschaftssystem zusammen. Die volkseigenen Kombinate und Betriebe, die Produktions- und Dienstleistungsgenossenschaften, die wenigen privaten Gewerbetreibenden aber auch die Verbraucher, sie alle mussten sich vielfach über Nacht den Gegebenheiten einer freien Marktwirtschaft (und Marktgläubigkeit) anpassen. Es wurde umgewandelt und ausgegründet, verkauft und (re-)privatisiert, aber auch vieles abgeschaltet, aufgelöst und abgewickelt.
Stahlwerker der Maxhütte Unterwellenborn demonstrieren vor der Treuhand in Berlin (1990)
Bild: Klaus Franke / Bundesarchiv, Bild 183-1990-1219-006 (via Wikipedia DE)
Wahlplakat der CDU: Helmut Kohl, der Kanzler der "Blühenden Landschaften" (Bundestagswahl 1994)
Bild: Konrad-Adenauer-Stiftung / Archiv für Christlich-Demokratische Politik (via Wikipedia DE)
(Beide Bilder stehen unter einer "Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany"-Lizenz.)
Wirtschaftswende Ost – Zeitzeugen erzählen
Nun, ein Vierteljahrhundert nach Mauerfall und Wiedervereinigung, ist es einmal mehr an der Zeit, zurückzublicken auf diese ereignis- und entscheidungsreiche Umbruchzeit. Dabei geht es uns, zwei jungen Wirtschaftshistorikern mit ostdeutschen Wurzeln, weniger um die damalige politische und gesamtgesellschaftliche Entwicklung und die weitere Auswertung von Archivmaterialien – gleichwohl dies mit einfließen soll. Stattdessen wollen wir im Gespräch mit zahlreichen Zeitzeugen die persönliche Erinnerungen an die Transformation der ostdeutschen Wirtschaft festhalten.

Die Interviews mit den Zeitzeugen werden von uns aufgezeichnet, verschriftlicht und nach nochmaliger Rücksprache mit dem jeweiligen Zeitzeugen auf dieser Projekt-Webseite archiviert. Wenn möglich wollen wir die Interviews mit noch vorhandenen Materialien (wie Fotos, Unterlagen, Objekte) ergänzen. Der Fokus liegt dabei auf Akteuren aus Ostdeutschland, gleichwohl ist uns aber auch daran gelegen, mit damaligen Akteuren aus den alten Bundesländern über ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Rahmen ihres Engagements in den neuen Bundesländern zu sprechen.
Mögliche Themenfelder für die Interviews:
- erste "Westkontakte" (Kontakte zu westlichen Partnern/Firmen)
- das Wegbrechen bisheriger Stammmärkte | neue Konkurrenz durch Westfirmen/Westprodukte
- Vorbereitung und Auswirkung der Währungsunion im Juli 1990 (Umtauschkurs als Belastung?)
- Kapitalbedarf/Kapitalbeschaffung für Unternehmen | Verschuldungsgrad ostdeutscher Firmen
- (Re-)Privatisierung / Arbeit der Treuhand
- ungeklärte Eigentumsfragen (Ansprüche früherer Eigentümer in Ostdeutschland und Reprivatisierung verstaatlichten Besitzes)
- notwendige Sanierungen/Modernisierungen
- Abwanderung/Abwerbung von Arbeitskräften